Die derzeit geltenden EU-Vorschriften über die Universaldienstverpflichtungen der Telekommunikationsanbieter stammen aus dem Jahr 2002 und garantieren den Europäern den Zugang zu öffentlichen Telefonnetzen und zu bestimmten Diensten wie einem einfachen Internetzugang. Die neu eröffnete Konsultation soll zeigen, ob diese Vorschriften und Definitionen des Universaldienstes für das digitale Zeitalter neugefasst werden müssen. Eine wichtige Frage ist dabei, ob der Breitbandzugang in den Universaldienst aufgenommen werden sollte. Die Äußerungen von Verbrauchern, Branchenvertretern und Politikexperten werden der Kommission helfen zu entscheiden, ob sie bis Ende 2010 neue Gesetzgebungsvorschläge für Universaldienstverpflichtungen im Bereich der Telekommunikation vorlegen muss. Die Konsultation läuft bis zum 7. Mai 2010.
Die für die digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes sagte dazu: "Diese Konsultation wird uns zeigen, ob wir die Vorschriften anpassen müssen, damit allen EU-Bürgern der Zugang zu unverzichtbaren Kommunikationsdiensten und einem schnellen Internet garantiert werden kann. Angesichts der rasanten Veränderung der Märkte und Technologien müssen wir dafür sorgen, dass niemand aus der digitalen Gesellschaft ausgeschlossen wird."
Die Kommission prüft, ob es notwendig ist, die vor zehn Jahren aufgestellten Regeln, die auch Personen in ländlichen und abgelegenen Gebieten oder mit geringem Einkommen einen erschwinglichen Telefon- und Internetanschluss garantieren, nun an die neue Zeit anzupassen. Die derzeit geltenden Vorschriften garantieren jedem EU-Bürger einen Zugang zum öffentlichen Telefonnetz, damit er öffentliche Telefondienste benutzen kann, um zu telefonieren, Faxe zu versenden oder ins Internet zu gelangen. Außerdem stellen sie sicher, dass Telefonauskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, öffentliche Münz- und Kartentelefone sowie besondere Einrichtungen für Behinderte zur Verfügung stehen.
Die Kommission bittet nun um Stellungnahmen zu folgenden Themen:
- Grundbegriff des Universaldienstes: Der gegenwärtige Universaldienstbegriff wurde für traditionelle Sprachtelefondienste geschaffen. Ist dieser Ansatz im heutigen dynamischen, digitalen Umfeld noch zweckmäßig? Wie sollten wir dafür sorgen, dass Verbraucher in abgelegenen und ländlichen Gebieten oder mit geringem Einkommen Zugang zu grundlegenden Telefondiensten haben und diese benutzen können?
- Breitbanddienste: Eine gute Breitbandversorgung ist wichtig, um Wachstum und Beschäftigung in Europa zu fördern. Dennoch haben 23 % der Menschen in ländlichen Gebieten keinen Zugang zu festen Breitbandnetzen. Sollten Universaldienstvorgaben dabei helfen, das EU-Ziel „Breitband für alle“ zu erreichen? Oder wäre der Wettbewerb auf offenen Telekommunikationsmärkten oder auch ein anderes Politikkonzept wirksamer?
- Nationale Flexibilität und koordiniertes Vorgehen der EU: Der Entwicklungsstand der Telekommunikationsmärkte, die Verfügbarkeit von Breitbanddiensten und deren Annahme durch die Verbraucher wie auch der Umgang der Regierungen mit der so genannten „digitalen Kluft“ (d. h. der Benachteiligung der Bevölkerungsgruppen ohne Zugang zum Internet und anderen digitalen Diensten gegenüber denjenigen, die diesen Zugang haben) unterscheiden sich von Land zu Land ganz erheblich. Wo liegt das richtige Gleichgewicht zwischen einem koordinierten EU-weiten Vorgehen und der notwendigen Flexibilität auf nationaler Ebene?
- Finanzierung: Wie sollte der Universaldienst künftig finanziert werden? Sollte der Telekommunikationssektor einen finanziellen Beitrag zur Gewährleistung einer flächendeckenden Breitbandversorgung leisten? Oder sollten öffentliche Gelder verwendet werden, da die Vorteile auch anderen Wirtschaftszweigen und der Gesellschaft insgesamt zugute kommen?
Darüber hinaus veranstaltet die Kommission am 30. März 2010 in Brüssel einen öffentlichen Workshop veranstalten, um den Meinungsaustausch zwischen Verbrauchern, Branchenvertretern, Politikexperten und anderen Interessenten in Gang zu bringen.
Die Konsultation endet am 7. Mai 2010. Anschließend wird die Kommission in einer Mitteilung über die Ergebnisse berichten, auf deren Grundlage sie dann gegebenenfalls noch vor Ende 2010 Gesetzgebungsvorschläge unterbreiten könnte.
Hintergrund
Universaldienstverpflichtungen wurden Ende der 1990er Jahre im Zuge der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte eingeführt und waren als Sicherheitsnetz für jene Fälle gedacht, in denen die Märkte allein nicht für die Bereitstellung grundlegender Dienste sorgten. Das Ziel bestand darin, soziale Ausgrenzung zu verhindern, indem gewährleistet wurde, dass Bürger in ländlichen und abgelegenen Gebieten und mit geringem Einkommen zu erschwinglichen Preisen Zugang zu grundlegenden und unverzichtbaren Telekommunikationsdiensten erhalten.
Nach den geltenden EU-Vorschriften (EU-Universaldienstrichtlinie von 2002) müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Bürger Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an einem festen Standort, zu öffentlichen Telefondiensten für die Sprach- und Datenkommunikation sowie einen funktionalen Internetzugang haben. Darüber hinaus schreibt die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass den Verbrauchern Telefonauskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, öffentliche Münz- und Kartentelefone sowie besondere Einrichtungen für Behinderte zur Verfügung stehen. Die Kommission muss den Anwendungsbereich der Universaldienstrichtlinie alle drei Jahre überprüfen.
Dieser Konsultation gingen eine Erklärung der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Parlament während der Verhandlungen über das „Telekom-Paket“ im Jahr 2009 und die zweite Überprüfung des Umfangs des Universaldienstes im Jahr 2008 voraus.