Schon in den letzten 15 Jahren war die Hälfte der Produktivitätssteigerungen in Europa den Informations- und Kommunikationstechnologien zu verdanken, und dieser Trend dürfte sich weiter beschleunigen. Die Agenda sieht sieben vorrangige Aktionsbereiche vor: Schaffung eines digitalen Binnenmarkts, größere Interoperabilität, Steigerung von Vertrauen und Sicherheit im Internet, viel schnellere Internetverbindungen, mehr Investitionen in die Forschung und Entwicklung, Verbesserung der digitalen Kompetenzen und Integration sowie Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klimawandel und Bevölkerungsalterung. Wichtige Vorteile wären beispielsweise einfachere elektronische Zahlungen und Rechnungen, die zügige Einführung der Telemedizin und eine energieeffiziente Beleuchtung.
In diesen sieben Bereichen sieht die Digitale Agenda etwa 100 Folgemaßnahmen vor, darunter 31 Legislativvorschläge. Die Digitale Agenda ist die erste der sieben Leitinitiativen der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum.
"Wir müssen die Interessen der europäischen Bürger und Unternehmen in den Vordergrund der digitalen Revolution stellen und so das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologien bestmöglich nutzen, um Beschäftigung, Nachhaltigkeit und soziale Integration voranzutreiben", sagte Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission. "Die ehrgeizige Strategie zeugt deutlich, worauf wir uns in den kommenden Jahren konzentrieren müssen. Das Potenzial der digitalen Zukunft Europas wird nur dann voll zu nutzen sein, wenn Mitgliedstaaten, IKT-Branche und andere wichtige Wirtschaftsteilnehmer entschlossen mitwirken."
Sieben Ziele
Ein neuer Binnenmarkt, der die Vorteile des digitalen Zeitalters zur Geltung bringt
Die Bürger sollten über Grenzen hinweg kommerzielle Dienste wie auch Kultur- und Unterhaltungsangebote nutzen können. Die Online-Märkte in der EU sind aber immer noch durch Schranken getrennt, die den Zugang zu europaweiten Telekommunikationsdiensten und digitalen Diensten und Inhalten behindern. Wegen fehlender legaler Angebote und fragmentierter Märkte gibt es in den USA heute viermal so viele Musik-Downloads wie in der EU. Die Kommission möchte den Zugang zu legalen Online-Inhalten öffnen und bemüht sich deshalb um die Vereinfachung der Klärung von Urheberrechten, der Rechteverwertung und der grenzübergreifenden Lizenzierung. Andere Maßnahmen betreffen die Erleichterung elektronischer Zahlungen und der elektronischen Rechnungsstellung sowie die Vereinfachung der Online-Streitbeilegung.
- Verbesserung der IKT-Normung und Interoperabilität
Damit Menschen kreativ sind, Vorhandenes neu kombinieren und Neues einführen, brauchen wir offene und interoperable IKT-Produkte und Dienste.
- Steigerung von Vertrauen und Sicherheit
Die Europäer werden sich auf keine Technik einlassen, der sie nicht vertrauen – sie müssen sich online sicher und geschützt fühlen. Eine besser koordinierte, europäische Reaktion auf Cyberangriffe und strengere Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten sind ein Teil der Lösung. Es könnten aber auch Maßnahmen getroffen werden, die Website-Betreiber dazu verpflichten, ihren Nutzern Verstöße gegen die Sicherheit persönlicher Daten zu melden.
- Besserer Zugang der Europäer zum schnellen und ultraschnellen Internet
Zielvorgabe der Strategie Europa 2020 sind Internetgeschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s für alle europäischen Bürger und Anschlüsse mit 100 Mbit/s oder mehr in der Hälfte aller europäischen Haushalte. Heute haben erst 1 % der Europäer einen schnellen Glasfaser-Internetanschluss, im Gegensatz zu 12 % in Japan und 15 % in Südkorea. Ein sehr schnelles Internet ist aber die Voraussetzung dafür, dass die Wirtschaft kräftig wächst, dass Arbeitsplätze und Wohlstand entstehen und die Bürger auf die von ihnen gewünschten Inhalte und Dienste zugreifen können. Daher wird die Kommission u. a. prüfen, wie Investitionen durch Bonitätsverbesserung attraktiver gemacht werden können, und sie wird Orientierungen geben, wie Investitionen in Glasfasernetze gefördert werden können.
- Steigerung der Spitzenforschung und Innovation im IKT-Bereich
Europa muss verstärkt in die Forschung und Entwicklung (FuE) investieren und dafür sorgen, dass die besten Ideen den Markt erreichen. Die Agenda soll u. a. mit europäischen Regionalfondsmitteln und einer verstärkten EU-Forschungsförderung mehr private Investitionen mobilisieren, damit Europa mit seinen Konkurrenten Schritt halten und diese sogar überholen kann. Die IKT-Forschungsinvestitionen sind in der EU derzeit nicht einmal halb so hoch wie in den USA (37 Mrd. EUR gegenüber 88 Mrd. EUR im Jahr 2007).
- Digitale Fähigkeiten und barrierefreie Online-Dienste für alle Europäer
Über die Hälfte der Europäer (250 Mio.) nutzen das Internet täglich, wogegen aber auch 30 % noch nie im Internet waren. Jeder, ob jung oder alt, hat ungeachtet seiner sozialen Herkunft Anspruch auf den Erwerb der nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten, um am Digitalzeitalter teilzuhaben, denn Handel, Öffentlichkeit, Sozial- und Gesundheitsdienste, Bildung und politisches Leben verlagern sich zunehmend in die Online-Welt.
- Freisetzung des IKT-Potenzials zum Nutzen der Gesellschaft
Wir müssen in einen intelligenten Technologieeinsatz und in die Nutzung von Informationen investieren, um Lösungen zu finden, die es erlauben, den Energieverbrauch zu senken, ältere Menschen zu unterstützen, den Patienten fundierte Entscheidungen zu ermöglichen und den Online-Zugang für Behinderte zu verbessern. Dadurch soll z. B. erreicht werden, dass die Patienten ab 2015 überall in der EU Zugang zu ihren Online-Gesundheitsakten erhalten könnten. Außerdem wird die Agenda die Entwicklung energiesparender IKT-Technik wie Festkörperlichtquellen (SSL) vorantreiben, die 70 % weniger Strom verbrauchen als bislang übliche Beleuchtungssysteme.
- Verwirklichung der Digitalen Strategie für Europa
Die größte Herausforderung besteht darin, die Maßnahmen, die für die Erreichung der oben genannten Ziele notwendig sind, rasch zu beschließen und umzusetzen. Deshalb arbeitet eine ganze Reihe von EU-Kommissaren zusammen mit den EU-Organen und allen Beteiligten daran, die Digitale Agenda zur Wirklichkeit zu machen.